NACHRICHTENZENTRUM –
Ich finde es seltsam, dass nur der 8. März der Internationale Frauentag ist. Es ist eine unabdingbare Voraussetzung des Lebens, dass es an allen Tagen auch Frauen gibt, freie Frauen. Aber schon die Tatsache des 8. März zeigt sehr deutlich, dass es keine Frauen im Leben gibt. Die Tatsache, dass so getan wird, als ob man nur an einem solchen Tag daran denken sollte, zeigt die Tiefe der Dimension der Sklaverei. Warum ist ein Tag Frauentag, warum ist ein unverzichtbares Element des Lebens es wert, nue an einem Tag gewürdigt zu werden und warum wird ihr an einem Tag wie dem Muttertag was geschenkt, das sind meiner Meinung nach Ausdrücke der Unaufrichtigkeit und das muss überwunden werden.
Es ist notwendig, alle Tage wie den 8. März zu entwickeln. Was Kurdistan betrifft, so haben wir zu diesem Tag nicht viel zu sagen. Wir führen die Frauenrevolution mit großer Anstrengung weiter und jeder Tag geht über den klassischen Gedenktag des 8. März hinaus, wir haben weibliche Şehîds, derer wir jeden Tag gedenken müssen. Es ist für mich eine Verpflichtung, in der Person dieser weiblichen Şehîds die Pflichten zu erfüllen, die uns das weibliche Geschlecht auferlegt hat, sowohl jene, die sich mit Bomben in die Luft gesprengt haben und so zu Trägern der schwersten Freiheitsakte wurden, die die Menschheit erreichen kann, als auch jene, die sich auf diese Weise reinigen wollten, indem sie sich verbrannten.
Wie bei allen Revolutionen ist das grundlegendste Problem, das die heutigen Revolutionen und insbesondere die Revolution in Kurdistan lösen müssen, die Arbeit an der Lösung des Lebens der Frauen. Von den fortgeschrittensten Problemen des Krieges bis hin zum Frieden und seiner Entwicklung auf einer freien Basis, wenn die Frau im Zentrum der Fragen nicht mit der Mentalität, der Ideologie, der Organisation, der Unterdrückung, der Ausbeutungsrealität, die um sie herum gewoben ist, behandelt wird, wenn die Lösung nicht auf dieser Basis vertieft wird, wenn die Revolution und damit der Krieg nicht getrennt von der Frau behandelt wird, kann weder der Krieg ein vollständiger Freiheitskrieg sein, noch kann der Frieden, der sich danach entwickeln kann, ein wirklicher Frieden sein. Eine grundlegende und sehr tief verwurzelte Bedingung dafür ist, was das Beziehungsgeflecht um die Frau herum, von der Familie bis zur Moral, sogar die Philosophie und das religiöse Leben, zu diesem Thema sagt. Was haben sie darüber hinaus getan, was beabsichtigen sie zu tun? Welche Art von Ordnung ist geschaffen worden? All das zu analysieren ist unerlässlich.
Ich möchte darauf hinweisen, dass ich mich umso mehr für das Problem interessiere und nach einer Lösung suche, je mehr ich mich auf die Revolution in Kurdistan konzentriere. Heute ist das Leben mit den Frauen oder das Leben mit den Männern unter dem gegenwärtigen Status quo eine Lebensform, mit der ich immer noch die größten Schwierigkeiten habe. Während ich die Frage stelle, wie das Leben im Allgemeinen sein sollte, ist die Frage, wie das Leben mit Frauen sein sollte, eine Frage, auf die ich mich noch konzentrieren muss. Ich muss betonen, dass diese Frage offen ist und sich nicht auf traditionelle Vorurteile oder moralische Werte stützt. Ich glaube, dass es in allen Bereichen, von der Politik bis hin zur Armee, Probleme gibt, die von der sexuellen Annäherung bis zum Zusammenleben mit Frauen reichen. Ich halte es für wichtig, diese offen zu diskutieren. Ich betrachte dies als eine der grundlegendsten Aufgaben, die der Sozialismus in dieser Zeit erfüllen muss.
Es hat sich gezeigt, dass der Klassenkampf allein nicht ausreicht und das hat sich im realen Sozialismus bewährt. Ich bin der Meinung, so wie es mit einer sozialistischen Revolution eine radikale Lösung für die Umweltprobleme braucht, die heute gigantische Ausmaße erreicht haben und so wie es mit einer sozialistischen Revolution eine radikale Lösung für die Zerstörung der Natur durch den kapitalistischen Imperialismus und ihre Unbewohnbarkeit braucht, bin ich der Meinung, dass neue Ansätze für dieses Problem, das alle Lebensbereiche in der Dimension der Frau betrifft, in allen Dimensionen notwendig sind, von der ideologischen über die praktische Vereinigung bis hin zur Hinterfragung sogar der Ehe, weit über die Ansätze der traditionellen Ebene hinaus. Das Frauenproblem wird nicht nur in den Dimensionen Sex und Ehe, sondern in allen Bereichen der Gesellschaft nach dem “Wie soll es sein” hinterfragt werden.
Und wenn sich die Antworten entwickeln, wird sich zeigen, dass Krieg und Frieden im Wesentlichen ein Frauenproblem sind. Solange der Wille der Frauen und die Persönlichkeit der Frauen nicht auf der Tagesordnung stehen, wird sich zeigen, dass Lösungen, die ausschließlich auf männlich dominierten Auffassungen beruhen, weder Krieg noch Frieden allein lösen können. Deshalb müssen wir die Frauenrevolution vertiefen, um die Revolutionen der kommenden Zeit, sogar die Revolution des 21. Jahrhunderts, die Kriege und die Friedensprozesse, die sich danach entwickeln werden, ‘gesund’ (richtig) zu machen. Es ist beeindruckend für mich, dass ich mir einer tiefen Gefahr bewusst bin, seit ich mich kenne, von der Abrechnung mit meiner Mutter bis zur Abrechnung mit jungen Frauen wie Euch. Die gegensätzlichen Geschlechter sind nicht ohne einander, aber wir haben sogar einen solchen Zustand im Allgemeinen, dass diese Beziehung nicht viel einbringt. Wenn diese Beziehung nicht richtig gelöst wird, bedroht sie fast das ganze Leben.
Das hat mich schon immer beunruhigt und diese Sorge hat mich zu einer so intensiven Analysekraft geführt. Am Anfang habe ich intuitiv gesagt, dass diese Beziehungen krank sind und nicht so sein sollten. Ich wollte meine eigenen sexuellen Befriedigungen nicht mit Hilfe von Macht lösen, das erschien mir ein wenig unmoralisch und als ich begann, in mir selbst die Gefahr zu sehen, sich ohne Freiwilligkeit, ohne den Willen der Freiheit auf die Macht zu verlassen, war ich sehr darauf bedacht, mich nicht zu verlieren. Die Frage, was für ein Mann ein Mann sein sollte, ist für mich ebenso brennend wie die Frage, was für eine Frau eine Frau sein sollte. Das Leben beruht auf der Vereinigung der beiden Geschlechter, aber auf welcher Art von Vereinigung.
Wenn wir unsere gesellschaftliche Realität betrachten, ist diese Verbindung eine miserable Verbindung, eine Verbindung, die ihre Macht verloren hat, eine Verbindung, die ein fünfzehnjähriges Mädchen in eine Familie wie einen Bienenstock gebracht hat und der Mann ist in die verrückte Situation gekommen, sein ganzes Verständnis von Ehre und Männlichkeit in seiner Dominanz über eine Frau zu sehen. In diesem Alter hat der Mann weder eine Heimat noch ein gutes Leben, an das er anders denken könnte als an seine Frau und damit an seine Kinder. Im Gegenteil, er schlägt vierzig Purzelbäume vor der Tür des Kolonisators, nur um sich den Bauch vollzuschlagen und auch heute noch sind alle Dorfschützer und sogar die würdigsten Verräter unserer Gesellschaft auf der Grundlage des Kollaborationismus im Wesentlichen der Grund, warum sie in diese Situation gekommen sind, ein Ergebnis ihres Lebensverständnisses und Familienverständnisses, das sehe ich sehr wohl. Ein freies Leben, nicht ein Leben in irgendeiner Form, ist für mich wesentlich und darin sehe ich die Ehre der Ehre.
RÊBER APO